unwetter.

Ich wuchs mit genau zwei Beziehungsmodellen auf.

  • in dem Einen gab es kaum Nähe – weder körperlich noch sonstwie. Dafür aber jede Menge Streit und Spannungen.
  • in dem Anderen hingegen hing der Himmel voller Geigen und rosaroter Wolken. Es wurde sich geherzt und umarmt, sich beinah bis zur Besinnungslosigkeit geküsst, geliebt und bedingungslos gut verstanden. Streit gab es nie und alles war immer nur toll.

Es ist klar, welches Modell ich mir für mein Leben wünschte, oder?

Hatte ich 16 Jahre in der Allgegenwärtigkeit von Streit und bösen Worten gelebt, wollte ich nichts mehr, als eben jenes in meinem künftigen Leben zu vermeiden. Folglich ergriff ich stets die Flucht sobald sich ein Streit oder auch nur die kleinste Unstimmigkeit am Horizont anzukündigen versuchte. Für mich gab es nur einen möglichen Schluss, der sich aus meinen Erfahrungen ergab – nämlich dass ein Streit das Ende einer jeden harmonischen Beziehung bedeutete und so hatte nichts und niemand wirklich eine Chance in meinem Leben. Denn so harmoniesüchtig ich zuweilen auch sein mag – einer von beiden muss sich immer verbiegen und/ oder verstellen, um einen beständigen Eitelsonnenschein zu gewährleisten und selbst dann ist es schier unmöglich. Zumindest dann, wenn man sich nicht gänzlich etwas vormacht.

Ich war also gefangen in meinen absurden Vorstellungen und versuchte ihnen krampfhaft zu entfliehen. Versuchte sie aus meinem Kopf zu verbannen. Unternahm jedoch gleichzeitig einen Versuch nach dem anderen, um mein vermeintliches Ideal zu erreichen. Mein Scheitern war vorprogrammiert, denn die Welt und erst recht die Liebe bestehen einfach nicht nur aus schwarz und weiss. Die Grautöne und Schattierungen, aber vor allem die Farben, sind mannigfaltig. Ich musste sie nur sehen. Sehen wollen und bereit sein, die wohl vertrauten Beziehungsmodelle über Bord zu werfen und eigene zu kreieren. Ich musste meine selbst errichteten starren Mauern aufweichen und Platz machen für das wahre Leben und Lieben. Ich musste anerkennen, dass mir nie die ganze Bandbreite von Möglichkeiten vorgelebt wurde. Dass diese zwei Arten menschlichen Miteinanders eben nur zwei von unzähligen waren und sind. Heute weiss ich, dass keines der beiden Modelle für mich in Frage kommt oder auch nur ansatzweise erstrebenswert ist. Ich musste und wollte mein eigenes finden. Besser noch ein gemeinsames mit dem Menschen, an dessen Seite ich mir ein Leben vorzustellen vermochte.

Doch kaum ein Mensch weckte in mir derartige Gefühle, dass ich auch nur die Notwendigkeit sah, mir die Mühe zu machen, nach der geeigneten Form des Zusammenlebens zu suchen. Und dann kamst DU. Wie in so vielen anderen Bereichen, hast Du auch in jenem so einiges grundlegend verändert.

Die Liebe, die uns vom ersten Augenblick an verband, machte mich sprachlos und ich schwebte dahin auf meinen Wolken des Glücks und der Zufriedenheit. Doch unsere Geschichten warfen uns etliche Steine in den Weg. Während wir die ersten noch übermütig übersprangen, stiessen wir uns an anderen heftig die Köpfe. Neben die Harmonie und Glückseligkeit gesellten sich Unmut und manchmal sogar Wut.

Daraus wiederum resultierten Meinungsverschiedenheiten, Machtkämpfe und Streitigkeiten. Normalerweise hätte ich an diesem Punkt längst das Weite gesucht und zwar ohne mich auch nur ein einziges Mal umzusehen. Diesmal jedoch zögerte ich. Neben meinem unbedingten Willen, die “perfekte Beziehung” zu führen, spürte ich, dass es eine Wahrheit zwischen den beiden mir bekannten Wegen geben musste. Ausserdem war meine Liebe zu Dir so gross und vor allem bedingungslos, dass ich nicht weg laufen, sondern eine Lösung finden wollte. Es MUSSTE eine geben.

Wann auch immer wir aneinander gerieten, musstest Du mich beruhigen und davon überzeugen, dass ein Streit nicht zwangsläufig zu einer Trennung führen musste. Dass es andere Szenarien gibt. Es dauerte lange bis ich Dir Glauben schenken konnte. Und da war noch etwas anderes – ich konnte nicht streiten; vielmehr konnte ich nicht damit aufhören. Ich wollte und musste scheinbar alles bis zum Erbrechen ausdiskutieren und der Eindruck, dass ich immer Recht haben wollte/ musste, liess sich kaum noch von der Hand weisen.

Du hast diese Unwetter über Dich hinwegfegen lassen und hieltest die Stellung, wo ich es nicht mehr konnte. Im Laufe der Zeit verliess ich mich schon darauf und übertrug Dir die ganze Verantwortung, die Dich schon bald zu erdrücken schien. Deine damalige Aussage als Rechtfertigung, liess ich einen Regenschauer nach dem anderen auf Dich und mich, auf uns, niederprasseln. In meiner rechthaberischen Streitsucht übersah ich Deine Verzweiflung. Und wir lernten ja auch aus all diesen schwierigen Situationen. So gewöhnte ich mich an die fast schon regelmässigen Wolkenbrüche in unserer Beziehung. In England regt sich schliesslich auch niemand mehr über den Regen auf…

Eines Tages war das Donnergrollen schon von Weitem zu hören. Während Du alles dafür tatest, unsere Beziehung wetterfest zu machen, riss ich Türen und Fenster der Heimstatt unserer Liebe auf und hiess das Unwetter beinah schon willkommen. Was sich da jedoch am Himmel zusammenbraute, war grösser und gewaltiger als alles, was ich je gesehen, gehört und erlebt hatte. Panik stieg in mir auf. Du gingst in Deckung, ich zum Angriff über. Beide aus dem gleichen Grund – Angst!

Schier unendlich schlugen uns Wind und Wetter entgegen. Uns blieb kaum Luft zum Atmen. Am Ende lagen wir erschöpft am Boden und vermochten kaum, uns aufzurichten. Das Unwetter klang lange nach. Hallte nach in unser beider Kopf und Gedanken. Liess uns sprachlos werden. Wir hielten uns eng umschlungen und waren doch jede für sich. Allein in der Erinnerung an den Sturm des Jahrhunderts…

Am nächsten Tag drängten sich zarte Strahlen wärmender Liebe durch das Wolkendickicht. Wir schöpften Hoffnung und trauten ihr doch nicht ganz über den Weg.

Es folgten viele Stunden und Tage des Nachdenkens und Austauschens. Des Redens und Erkennens.

Dieses Unwetter war gewaltig. Ohne Frage. Es hat uns in unseren Grundmauern erschüttert. Aber es hat auch die Luft gereinigt und den Dreck fort gespült. So verrückt das auch klingen mag – dieses Gewitter hat uns befreit! Es hat uns den Weg geebnet für eine wundersame Veränderung.

Wir haben dadurch Dinge angesprochen, die wir uns nie zuvor zu sagen wagten. Wir gaben unseren Ängsten und Zweifeln, aber auch unseren Hoffnungen und Wünschen Ausdruck. Wir sahen uns an und spürten uns mehr denn je. Wir erkannten, dass die Liebe nie nur einfach und schön ist. Dass sie eben auch Arbeit und Pflege bedarf. Dass man ihr und der Beziehung stets Aufmerksamkeit schenken, sich ihr widmen muss. Andere mögen an derlei Unwettern zerbrechen und die Hoffnung verlieren. Wir haben im Auge des Sturms unser wahres Potential erkannt. Wir haben begriffen, was wir einander sind und dass keine Streitigkeiten der Welt es wert sind, uns voneinander zu entfernen.

Wir haben die Kraft und die Grösse unserer Liebe erkannt. Wir standen uns vollkommen nackt und durchnässt gegenüber. Es gab keine schützenden Kleider mehr. Keine Chance, sich zu verhüllen, zu verstecken und zu verbiegen. Wir sahen die Chance, die sich uns bot und ergriffen sie.

Seitdem ist alles anders.

Da ist nicht länger Platz für Ängste und Verunsicherungen. Da ist Vertrauen und Zuversicht. Harmonie und Zufriedenheit und zwar ohne dass eine von uns dafür grosse Opfer bringen müsste.

Wir haben im Zuge dieses gigantischen Unwetters mehr denn je zueinander gefunden und uns auf das besonnen, was wirklich wichtig ist. Nicht das, was uns vermeintlich trennt, sondern das, was uns eint und genau das ist so unsagbar viel. Vom Eisberg unserer Liebe ist stets nur die Spitze sichtbar, aber die ganze Kraft und Dimension erstreckt sich weit bis in die Tiefen des Meeres und dort her nehmen wir unseren Halt.

Das Leben hat uns vor grosse Aufgaben gestellt und uns in den vergangenen 10 Monaten viel abverlangt. Jetzt werden wir für unser Durchhaltevermögen belohnt und wissen, dass es all dieser Stürme bedurfte, um an genau diesen Punkt unserer Beziehung und Liebe zu kommen.

Jetzt stehen wir wetterfest Seite an Seite, eine jede mit ihren eigenen Vorstellungen und Möglichkeiten, aber vereint, Hand in Hand auf dem Weg in eine Zukunft, die neben kleinen, nährenden Regenschauern vor allem Licht, Sonne, saftige Wiesen und Inseln des Glücks verspricht.

Dank Dir und Deinem Durchhaltevermögen, Vertrauen und Deiner Zuversicht.

Ohne Dich hätte ich all das nicht geschafft. Hätte mich nie aus meinen alten Denkmustern befreien und mit Dir dieses wundervolle Leben beginnen können. Ohne Dich würde ich diesen grossen Schritt, der mir jetzt bevor steht, nicht wagen.

Deine Liebe schenkt mir Vertrauen und gibt mir die Kraft und den Glauben, all das schaffen zu können.

Du machst mich zu einem besseren Menschen.

You have changed my world and you still do!!!

Ich liebe Dich!!

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