Heute vor 3 Jahren holten wir unser Glück nach Hause. Unser Baby. Ein Kind namens Liebe. Das Licht der Welt erblickte es bereits eine Woche vorher, am 6. Juli 2011 gegen 14.55 in Freiburg. Schwanger gegangen sind wir mit ihm nicht mal 9 Monate. Eigentlich waren es nur knapp 7 und von denen haben wir auch nur die letzten Tage etwas gespürt. Uns war nicht bewusst, dass sich damals, im Dezember 2010, ein Samen eingenistet hat in unser beider Herzen. Wuchs er auch am Anfang sehr schnell heran, verharrte er für gut 6 Monate im Stillstand bevor er sich dann im Juli durch einen pochenden Herzschlag und damit verbundenen schlaflosen Nächten mehr und mehr bemerkbar machte.
Keine von uns hatte damit gerechnet, war darauf vorbereitet oder hatte dies auch nur im entferntesten geplant. Es traf uns wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Wir erahnten die Vorboten ungefähr eine Woche vor der Geburt als sich unsere Stimmen zwischen Bern und Stuttgart trafen. Wir spürten, dass sich etwas regte – in unseren Brustkörben und tiefer im Bauchraum.
Zunächst war es nur eine leise Hoffnung. Diese wuchs und gedeihte mit jeder Minute, die wir miteinander im Gespräch verbrachten.
Irgendwann war diese Hoffnung nicht mehr zu verbergen und wir mussten eine Entscheidung treffen. Wollten wir dieses Kind auf die Welt bringen oder nicht? Wo sollte es leben und aufwachsen? Wer würde die Verantwortung übernehmen? Waren wir wirklich schon bereit für eine so große Sache? Konnten und wollten wir uns gemeinsam dieser Aufgabe stellen, die so viele Unvorhersehbarkeiten und Unwägbarkeiten in sich trug und mit sich brachte?
Es gab Momente, in denen waren wir uns unserer Sache sehr sicher, dann wieder überkam uns die Angst. Wir wussten beide, dass diese Entscheidung unser beider Leben verändern würde und zwar für immer. Doch es gab den Punkt, an dem wir beide intuitiv wussten, dass wir uns dem, was zwischen und in uns gewachsen war, nicht mehr entziehen konnten. Es ging nicht mehr darum, ob dieses Kind seine Augen in der Welt öffnen würde sondern nur noch um den passenden Ort und den optimalen Zeitpunkt. Als ob es denn je geben würde…
Unsere Herzen schlugen im Gleichklang und plötzlich war uns klar, dass wir nicht mehr warten konnten. Warten wollten.
Voller Aufregung und Vorfreude schwebten wir durch den Vormittag bevor ich mich gegen 12.00 in den Zug setze und Du Dein Auto aus der Garage holtest. Du warst vor mir vor Ort und tigertest über den Bahnsteig, während mir auf den letzten Kilometern im Zug das Herz bis zum Hals schlug und wieder in die Hose rutschte.
Wir waren so nervös, dass wir in den letzten Minuten (mehr oder weniger) ernsthaft überlegten, ob wir wirklich das Richtige taten. Unsere Herzen fühlten sich an, als wollten sie zerspringen und in unseren Köpfen fuhren die Gedanken und Sorgen Achterbahn. Was, wenn wir das vollkommen Falsche taten? Wenn wir noch nicht bereit waren für das, was unmittelbar bevorstand? Und was, wenn wir uns geirrt hatten und es gar nicht um Liebe ging und letztlich in einer Enttäuschung endete? Wie viele vor uns sind diesem Irrtum schon erlegen, hatten bereitwillig Namen ausgesucht und dann am Tag der Geburt etwas ganz Anderes begrüßen müssen?
Ich wäre am liebsten gar nicht ausgestiegen als der Zug hielt. Als wenn das etwas geändert hätte…
Es waren so viele Menschen um mich herum, so viele Stimmen und Geräusche. Die Sonne blendete mich und ich musste mich zwingen, meine Sonnenbrille nicht aufzuziehen. Denn was immer auch geschehen mochte – ich wollte jedes Detail unverfälscht wahrnehmen. Auch wenn es vielleicht weh tat.
Ganz plötzlich waren es nur noch wenige Schritte, die uns von dem bisher größten Ereignis in unser beider Leben trennten. Die Aufregung stieg ins schier Unermessliche und dann traf es uns wie ein Blitz, der uns in die Glieder fuhr in und in unserem Herzen ein wahres Feuerwerk entzündete, das ein unendliches Strahlen und die Gewissheit hinterließ, dass wir dieses, unser Kind sehnlichst erwartet hatten und für immer in unseren Herzen tragen würden.
Wir wandelten glückstrunken durch die Stadt und unternahmen unmittelbar einen Ausflug in die nähere Umgebung. Wir genossen jede Sekunde unseres neugeborenen Glücks und konnten kaum glauben, dass alles noch intensiver war als wir es uns in unseren mutigsten Träumen ausgemalt hatten…
Doch wir durften unser Baby noch nicht mit nach Hause nehmen. Es mussten noch wichtige Untersuchungen abgeschlossen werden und wenn wir ganz ehrlich sein sollten – es gab weder ein Kinderzimmer noch irgendwelche Möbel, die auch nur im Entferntesten darauf hingewiesen hätten, dass wir jetzt nicht mehr allein waren. Außerdem tauchten leichte Herzrhythmusstörungen auf, die genauer beobachtet werden mussten. Wir vermuteten, dass es an der unklaren Lebenssituation von Dir lag, die noch einiger Entscheidungen bedarf bevor unser Glück gemeinsam von uns gelebt werden konnte.
Also trennten wir uns am späten Abend von unserem Zwerg, der gar nicht so klein war, wie man annehmen mochte in Anbetracht seiner kurzen Zeit auf Erden.
Es folgte eine Woche voller Hoffen und Bangen. Schlaflose Nächte wechselten sich ab mit freudigen Telefonaten. Ich reiste drei Tage ins Tessin, schöpfte Kraft, genoss die Ruhe und bereitete mich auf mein neues Leben vor. Du arbeitetest und bereitetest alles Notwendige vor, um mich und unser Baby nach Hause zu holen.
Am 13. Juli 2011 konnten wir drei uns in die Arme schließen und wir haben uns seitdem nicht mehr losgelassen. 3 Jahre, die wie im Flug vergangen sind. Die uns auf sämtliche Höhen und auch in etliche Tiefen befördert haben. 3 Jahre, die geprägt waren von der unbändigen Lust, dieses neue Leben zu feiern. Den Wunsch, das Leben zu genießen und das Neue zu entdecken und zu erforschen.
Die Geburt dieses Kindes hat uns beide verändert. Sie hat uns empfindlicher gemacht. Verletzlicher. Aber auch offener und empfänglicher. Diese Liebe ist ein Geschenk und wenn man ihre Startbedingungen bedenkt, ist es ein kleines Wunder, dass sie überlebt hat und so prächtig wächst und gedeiht.
Wir sind uns nicht immer einig über die geeignete Form der Erziehung und wir entscheiden auch nicht immer gemeinsam, was gerade gut und richtig ist. Aber vielleicht ist es gerade das, was diese Liebe so besonders sein lässt? Was sie wachsen und gedeihen lässt. Was sie verändert und jeden Tag schöner werden lässt.
Diese Liebe ist das Größte, was je in meinem Leben passiert ist. Denn das ist sie – passiert. Ich bin jeden einzelnen Tag dankbar dafür, dass ich sie leben darf. Mit Dir!
Durch sie und Dich hat sich alles verändert. Nicht zuletzt, als wir uns vor zwei Jahren entschieden, dass ein Kind nicht dauerhaft in zwei Welten aufwachsen kann und so eine gemeinsame in Deutschland erschaffen haben. Auch das nicht immer pannen- und unfallfrei. Aber es sind doch die kleinen Schrammen und Narben, die das Leben erst interessant machen und uns von anderen unterscheiden.
Ich liebe jede einzelne sichtbare Spur der vergangenen drei Jahre und auch die unsichtbaren. Dieses Kind hat mein Leben auf den Kopf gestellt und es in eine Richtung gelenkt, die für mich nie auch nur vorstellbar war. Durch sie haben sich sicher einige Türen geschlossen. Hinter ihnen schläft jetzt die Erinnerung an ein tolles Leben in der Schweiz mit ganz wunderbaren Menschen.
Es haben sich aber vor allem auch viele neue Türen geöffnet. Einige habe ich schnell wieder geschlossen, andere schier aus den Angeln gerissen.
Wichtig ist aber nur Eines: dass ich alle Türen mit Dir an meiner Seite öffne und durchschreite und genau aus diesem Grund kann mir nichts mehr Angst machen. Denn so oft wir uns auch manchmal an Kleinigkeiten reiben und darüber diskutieren, ob das Finale der Fußballnationalmannschaft wichtiger ist als ein Familienausflug zu dritt, so sehr wissen wir auch, was am Ende des Tages zählt: dass wir uns gefunden haben und den Mut hatten, uns für dieses Kind zu entscheiden.
Ich habe nicht einen einzigen Tag bereut und bin stolz und froh, diese Liebe in mein Leben gelassen zu haben.
Ich danke Dir für drei wundervolle, atemberaubende Jahre!
Sie werden auch mit der Volljährigkeit weder an Bedeutung noch an Intensität verlieren und so freue ich mich auf jeden einzelnen Tag der kommt und bin ein bißchen froh, dass das “Kleine” aus den Windeln raus ist und eigenständig laufen kann…
ICH LIEBE DICH – jetzt und immer!
Die Deine…
Wunderschön!